Schon die Anreise zu den Tempeln von Mrauk U im fernen Nordwesten Myanmars ist ein Erlebnis. Nach dem Flug von der Metropole Yangon in die Hafenstadt Sittwe folgt eine atmosphärische Bootsfahrt auf dem Kaladan-Fluss.
Yangons Terminal für Inlandflüge versprüht sozialistischen Charme. Beige- und Brauntöne entschmücken die hohe Abfertigungshalle. Passagiere nehmen Platz auf bunten Schalensitzen aus Plastik. Keine Anzeigetafeln, keine Flachbildschirme, keine Computer. Nur ein ausgeschalteter Röhrenfernseher zeugt von zumindest theoretisch vorhandener Elektrizität.
Vor dem Check-in-Schalter wird eine mannshohe, rote Zeigerwaage justiert. Es wirkt ein bisschen so, als ob heute der erste Flug in diesem Terminal überhaupt stattfindet. Die Flugnummern werden per Hand befestigt. Ein Dutzend Angestellte wuselt um die wenigen Passagiere herum. Jemand wiegt das Gepäck, einer trägt Namen in eine Liste ein, ein anderer vergibt die Bordkarten. Vor der Sicherheitskontrolle kommt die Immigration – damit die Militärregierung von Myanmar jederzeit weiß, wo sich „ihre“ Ausländer aufhalten.
Per Flug von Yangon nach Sittwe und weiter mit dem Boot nach Mrauk U
Mit einer fast leeren Turboprop-Maschine fliegen die wenigen Passagiere in 80 Minuten von Yangon aus nordwestlich nach Sittwe im Rakhine-Staat. Akyab nannten die britischen Kolonialherren die damals bedeutende Hafenstadt am Golf von Bengalen. Am Flughafen grüßt der örtliche Immigrationsoffizier und verlangt den Reisepass. Doch Sittwe ist nur eine Zwischenstation auf dem Weg zu den abgelegenen Tempeln von Mrauk U.

Noch in der Ankunftshalle des Flughafens spricht mich jemand an, der sich als Angehöriger des Rakhine-Volkes vorstellt: „Ich kann Dich jetzt sofort nach Mrauk U bringen“, sagt er. „Du hast Glück. Ein Bootskapitän will unbedingt noch heute nach Hause. Für 15 US-Dollar kannst Du mitfahren.“ So einfach hatte ich mir das nicht vorgestellt und nehme das Angebot an.
Bengalischer Einfluss in Sittwe deutlich zu spüren
Bereits auf der kurzen Fahrt vom Flughafen zum Bootsanleger wird klar: In Sittwe ticken die Uhren anders als in Yangon. Der bengalische Einfluss ist nicht weit entfernt von Bangladesch deutlich zu spüren. Die Hautfarbe der Menschen ist dunkler, und viel mehr Muslime leben in dieser Region.

Beim Bootsanleger nimmt mich die Besatzung in Empfang. Der Kapitän grüßt per Handschlag. Um auf seinen Holzkahn zu gelangen, soll ich mit schwerem Gepäck über ein mehrere Meter langes, nur 20 Zentimeter breites Brett balancieren. „Hmm“, zögere ich. „Warte!“, sagt der Seemann und holt ein langes Bambusrohr. Er hält das eine Ende, jemand auf seinem Boot das andere. Mit diesem Geländer Marke Eigenbau traue ich mich nun an Bord des knapp 20 Meter langen Kahns. Die Crew legt zwei grüne Decken auf die Planken und stellt drei Holzstühle darauf. Blumen am Bug beim Anker sollen die Geister gnädig stimmen.



Die Reise beginnt in der Mittagshitze. Der Kapitän steht vorn und weist dem Steuermann die Richtung durch den schmalen, braunen Fluss. An den Ufern liegen Holzschiffe. Menschen sind eifrig damit beschäftigt, sie zu beladen. Männer rudern in Einbäumen. Frauen mit Thanakapaste im Gesicht tragen bauchige Zinnkrüge auf ihrem Kopf.
Für diese Menschen muss ich sehr wohlhabend erscheinen
Deshalb bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Die Einheimischen verrichten nur durch einen Strohhut geschützt in der Mittagssonne körperlich schwere Arbeit. Ich chartere ein Boot samt vierköpfiger Besatzung und genieße im Schatten die Fahrt. Für diese Menschen muss ich sehr wohlhabend erscheinen. Das bin ich auch im Vergleich zu ihnen. Im Gegensatz zu anderen.
Nach einem Moment der Einkehr gelangen wir auf den breiten Kaladan-Fluss. Hin und wieder ragen Hügel mit goldenen Pagoden aus der sonst flachen Landschaft empor. Dann wird es monotoner.




Als besonders schön erweist sich das letzte Drittel der Reise. Dann fährt das Boot durch schmale Flussarme. Wunderbar lässt sich das Treiben auf dem Wasser und in den Dörfern beobachten.






Als es dunkel wird, nach 65 Kilometern, ragen endlich die ersten Pagoden von Mrauk U empor. Mehr zu dieser wunderschönen Gegend in diesem Reiseebericht.
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Text und Fotos: Heiko Meyer
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3 Gedanken zu „Myanmars Nordwesten: Reise mit dem Boot von Sittwe nach Mrauk U“
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