Der mehrfach ausgezeichnete Dokumentarfilm „The Act of Killing“ handelt von einer bislang wenig bekannten Tragödie ungeheuren Ausmaßes in Indonesien.
In Südostasien ist man häufig nicht zimperlich, was das Bekämpfen politischer Gegner betrifft. Ein besonders drastisches Beispiel zeigt die mehrfach ausgezeichnete Dokumentation „The Act of Killing“, die nun auf DVD* und Blu-ray* erschien.
Gegenstand des Filmes von Regisseur Joshua Oppenheimer ist eine bisher wenig bekannte Tragödie ungeheuren Ausmaßes. Nach dem Sturz der Regierung übernahm 1965 das Militär die Macht in Indonesien und brachte in weniger als einem Jahr vermutlich mehr als eine Million Menschen um. Jeder, der gegen die Militärdiktatur war, wurde als „Kommunist“ getötet. Diese Musim Parang (Saison der Hackmesser) genannte Periode steht für einen der schlimmsten Massenmorde des 20. Jahrhunderts.
„Was trägt man am besten, wenn man Leute umbringt?“
In „The Act of Killing“ sind keine Originalaufnahmen dieser Zeit zu sehen. Stattdessen kommen die Mörder von damals zu Wort. Unter dem Vorwand einer Spielfilmproduktion erzählen sie stolz über ihre verjährten Taten. Zuschauer erfahren so, „was man am besten trägt, wenn man Leute umbringt“. Was passierte, „wenn entschieden wurde, dass sie nicht weiterleben sollten“. Und wie es sich „gut gelaunt“ töten lässt.
Die älteren Herren sind überzeugt davon, alles richtig gemacht zu haben. Sie berichten von ihren „Methoden, Kommunisten zu fangen und hinzurichten“: „Wir brachen ihnen das Genick, haben sie erhängt. Wir haben sie mit Draht erdrosselt und ihnen die Köpfe abgeschnitten. Wir sind mit dem Auto über sie gefahren. Es war legal, das zu tun.“
„Leichen wegschmeißen und ab nach Hause“
Anschließend wurden die Leichen in einen Fluss geworfen: „Wir haben Schwung geholt. Eins, zwei, und los. Es sah schön aus, wie Fallschirme. Bam!“, sagt einer. Ein anderer betont, wie schnell das ging: „Leichen wegschmeißen und ab nach Hause.“
Wie selbstverständlich plaudern die Täter gelassen über schlimmste Verletzungen der Menschenrechte. Zum Beispiel über die „Vernichtet die Chinesen“-Kampagne 1966 („alle erstochen“). Und über Foltermethoden („Jetzt wird dein Auge den Rost genießen“).
Die Mörder werden sogar in eine Talkshow des Staatsfernsehens eingeladen. Schließlich stellt die Moderatorin fest, dass „ein neues, effektiveres System, die Kommunisten auszurotten, entwickelt“ worden sei.
In „The Act of Killing“ äußern sich einflussreiche Politiker
Die Taten werden noch heute auf höchster politischer Ebene nicht nur toleriert, sondern sogar protegiert. In „The Act of Killing“ äußern sich einflussreiche Politiker. Beim Besuch des Filmsets freut sich etwa der Stellvertretende Minister für Jugend und Sport, Sakhyan Asmara: „Wow! All die Killer sind da!“ Erschreckend sind auch die Aufmärsche der indonesischen Pancasila-Jugend, einer paramilitärischen Organisation mit mehreren Millionen Mitgliedern.
Angesichts der Untertitel und der Länge von 159 Minuten muss man sich auf „The Act of Killing“ einlassen wollen. Aber: „Einen derart kraftvollen, surrealen und erschreckenden Film habe ich seit mindestens einem Jahrzehnt nicht gesehen“, betont Werner Herzog, mit Errol Morris Produzent von „The Act of Killing“.
Im Bonusmaterial sprechen Joshua Oppenheimer und Werner Herzog unter anderem über die Resonanz des Films in Indonesien. DVD* und Blu-ray* sind im Handel erhältlich.
Text: Heiko Meyer
Fotos: Neue Visionen/Koch Media
Danke an Koch Media für das Rezensionsexemplar!
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2 Kommentare zu „Filmtipp: „The Act of Killing“ (DVD/Blu-ray)“
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