In Nordlaos lassen sich abenteuerliche Trekkingtouren zu Bergvölkern unternehmen. In Vieng Phouka entscheiden wir uns für eine Wanderung in ein Dorf der Akha – und sind sehr beeindruckt, nicht nur von einem Erdbeben.
Im Norden von Laos kann man Hobby-Ethnologe spielen. Denn in dieser Gebirgsregion gibt es zahlreiche, sehr unterschiedliche ethnische Minderheiten. Diese sogenannten Bergvölker (Hill Tribes) leben in hochgelegenen Dörfern, halten dort Haustiere, bauen Gemüse und manchmal sogar noch Opium an.
Einer der weniger bekannten Startpunkte für Trekkingtouren zu den Bergvölkern in Laos ist Vieng Phouka (Vieng Phoukha). Das Örtchen liegt auf halber Strecke zwischen Huay Xai (Houay Xai) am Mekong an der thailändischen Grenze und dem laotischen Ökotourismuszentrum Luang Namtha. Durch kleine Einträge in Reiseführern verschlägt es in der Hauptsaison eine Handvoll Touristen in diese Gegend. Die Infrastruktur beschränkt sich auf einige Unterkünfte für wenige Euro pro Nacht, ein paar Trekkingagenturen und das „Bus Station Restaurant“.
Trekking auf dem Akha Trail in Nordlaos
Im Bus nach Vieng Phouka lerne ich zwei deutsche Studenten und einen jungen Italiener kennen. Dort angekommen, entscheiden wir uns im Visitor Information Office für eine gemeinsame zweitägige Trekkingtour zum Stamm der Akha, den sogenannten Akha Trail.
Die Wanderung beginnt in einem Dorf der Khmu an der Hauptstraße nach Luang Namtha. Einige Bewohner tragen noch ihre traditionelle schwarze, mit bunten Mustern bestickte Kleidung. Offensichtlich sind wir willkommene Abwechslung im Alltag. Jeder lächelt oder winkt uns zu. Einzig ein paar Kleinkinder verstecken sich schüchtern hinter ihren Müttern. Aber wir sind nur auf der Durchreise.
Hinterm Khmu-Dorf in den Nam-Ha-Nationalpark
Gleich hinter dem Khmu-Dorf beginnt der Weg in den Nam-Ha-Nationalpark. Die nächsten Stunden wandern wir bergauf und bergab durch den laotischen Dschungel, überqueren mehrere Bäche. Außer Insekten, Blutegeln, Geckos, Eichhörnchen und Vögeln sehen wir allerdings keine Tiere im dichten Unterholz. „Früher war der Wald voller Wild. Doch inzwischen haben die Menschen ihn leergejagt“, erklärt Tourguide Herr Bounoulam, kurz Boun. Vereinzelt sehen wir Brandrodung. Denn gegen Ende der Trockenzeit fackeln die Bewohner die Wälder in den Bergen ab, um neue Anbauflächen zu gewinnen.
Auf einer Lichtung serviert Boun das Mittagessen auf dem Waldboden. Auf Blättern breitet er Bambussprossen, Fleischsalat und gebackene Bananen aus, drückt jedem eine Portion Reis in die Hand.
Nach weiteren Stunden im Wald treffen wir die erste Akha-Frau. Sie trägt schwarz-blaue Kleidung und den traditionellen, mit Silbermünzen verzierten Kopfschmuck des Stammes. Ihre Lippen und Zähne sind dunkel vom Kauen der Betelnuss. Auf dem Rücken schleppt sie einen Korb voller Holz, fast genauso groß wie sie selbst. Mit einem Riemen über der Stirn stützt sie ihre schwere Last. Wenige Meter später müht sich ein Mädchen ebenfalls mit einem wuchtigen Korb voller Holz ab.
Dann erreichen wir das Dorf, das sich in einem Tal befindet. Normalerweise siedeln die Akha auf Bergkuppen. Wegen Wassermangel sahen sich diese Menschen jedoch gezwungen, ihre Siedlung zu verlassen. Vor zwei Wochen begannen sie, ein neues Dorf zu errichten. „Wir sind die ersten Touristen in ihrer neuen Heimat“, erzählt Boun.
Überall in dem Akha-Dorf hämmert und klopft es. Wie die Geräusche aus dem Computerspiel „Die Siedler“. Die Bewohner bauen Häuser für die knapp 70 Familien. Frauen und Kinder pflügen den Boden um, holen Holz aus dem Wald. Männer hacken Bretter zurecht. Ein Haus zu errichten, dauert weniger als einen Tag.
Viele Gebäude sind schon fertig. Sie stehen auf Stelzen. Meist besteht eine Unterkunft aus einem Wohnraum, einer Küche mit offener Feuerstelle und einer Veranda. Darunter und davor befinden sich Feuerholz und Futtertröge. Schweine, Hunde und Hühner laufen frei umher. Damit die Besitzer ihre Tiere erkennen, flechten sie ihnen farbige Fäden in Fell oder Federn.
Ich begebe mich zur Wasserstelle am Rand des Dorfes. Aus einem Fluss wird das Wasser durch Bambusrohre abgeleitet und plätschert hinunter auf den Boden. Einige Akha-Frauen waschen sich mit freiem Oberkörper. Gleich daneben tötet ein Mann einen Hund. Für die Akha sind die Tiere Wachhunde und Fleischlieferanten zugleich.
Viele Akha-Frauen sind zurückhaltend. Im Gegensatz zu Männern und Kindern. Manche schlagen vor Freude einen Purzelbaum, wenn sie sich auf dem Bildschirm der Kamera erblicken.
Aus Anlass ihres heute errichteten Hauses schlachtet eine Familie ein Schwein. Zwei Männer zerlegen es. Kinder sitzen dabei und schauen zu. Hunde versuchen, sich etwas von den Innereien zu schnappen. Eine Akha-Frau schlägt mit dem Stock zu, vertreibt die Mitesser.
Am Abend lädt diese Familie zum Essen. In der Küche bereitet Boun die Mahlzeit zu. Es dampft. Hunde schlängeln um die Feuerstelle herum. Kinder schauen beim Kochen zu. Im anderen Raum stehen mehrere kleine runde Tische. Daneben jeweils eine Flasche Lao Akha, selbstgebrannter Reisschnaps. Auf Bananenblättern liegen Bambussprossen, Kürbisgemüse und Fleischsalat. Zwischen den Portionen stehen Schälchen mit Chili, Fleischsuppe und Schweineblut mit Innereien. Als Vegetarier habe ich glaubhafte Gründe, das nicht zu probieren. Die anderen sind nicht so zimperlich. Teller gibt es nicht. Gegessen wird mit Holzstäbchen und Aluminiumlöffel aus den Schälchen oder vom Bananenblatt. An den anderen Tischen sitzen die Akha-Männer. Frauen und Kinder essen getrennt in der Küche.
Lao Akha kreist Runde um Runde
Wir hocken mit Boun und dem Gastgeber auf dem Holzboden um einen Tisch herum. Regelmäßig offeriert der Hausherr Lao Akha, der sich in einer mit einem abgenagten Maiskolben verschlossenen Flasche befindet. Er füllt ein kleines Schnapsglas, setzt an, trinkt es aus. Er gießt erneut ein, reicht es mir, füllt es wieder, gibt es dem Sitznachbarn. So kreist der Lao Akha Runde um Runde. Bald entsteht eine ausgelassene, alkoholgetränkte Stimmung. Boun und der Hausherr singen jeweils ein Lied ihrer Volksgruppe, der Khmu und der Akha. Dann sind wir drei Deutschen dran. Als kleinsten gemeinsamen Nenner entscheiden wir uns für ein Weihnachtslied. „Oh Tannebaum, oh Tannebaum, wie grün sind deine Blätter“, lallen wir in den Raum.
Als es schon stockfinster ist, gegen 21 Uhr, lässt sich der Gastgeber einfach nach hinten neben die anderen Mitglieder seiner Familie fallen und schläft ein. Wir füllen das Glas ein letztes Mal, schleichen aus dem Haus. Mit Taschenlampe in der Hand begeben wir uns auf den kurzen Rückweg.
Erdbeben im Bergdorf
Der Italiener, Boun und ich schlafen auf Matten auf dem Boden im selben Raum mit der Gastfamilie. Nachts wackelt das Haus heftig. Ich werde von einer Seite auf die andere geworfen. Es herrscht Grabesstille. Alle Menschen und Tiere des Dorfes schweigen. Es bebt nicht nur einmal. Verkatert gehe ich am nächsten Morgen von einem Traum aus. Später in der Stadt erhalte ich eine E-Mail von meiner Freundin Julia: „Alles klar? Was vom Erdbeben mitbekommen?“, fragt sie. Dann lese ich, dass mehr als 70 Menschen bei dem schweren Erdbeben in der Grenzregion zwischen Myanmar, Thailand und Laos ums Leben kamen. Und dass die Erschütterungen eine Stärke von 6,8 auf der Richterskala erreichten. Trotzdem brach kein einziges der neuen, einfachen Holzhäuser der Akha zusammen.
Anreise nach Vieng Phouka und Weiterreise
Die nächsten Flughäfen befinden sich in Luang Namtha (IATA-Code: LXG) und Huay Xai (HOE), eine beziehungsweise drei Busstunden von Vieng Phouka entfernt. Von dort fliegt Lao Airlines in die laotische Hauptstadt Vientiane (VTE) und vice versa. Die Weiterreise von Vieng Phouka nach Luang Prabang mit dem Bus dauert rund neun Stunden (umsteigen in Luang Namtha).
Für die Anreise aus Europa bietet sich alternativ ein Langstreckenflug nach Bangkok (BKK) mit anschließendem Inlandflug nach Chiang Rai (CEI) in Nordthailand an. Von dort fahren Busse in zwei Stunden zum Grenzort Chiang Khong am Mekong. Auf der anderen Seite des Flusses liegt das laotische Huay Xai.
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Beste Reisezeit für Vieng Phouka und Nordlaos
Die beste Reisezeit für Vieng Phouka und den bergigen Norden von Laos sind die trockenen Monate November bis Mai. Von Dezember bis Februar kann es in den Bergen nachts sehr kalt werden. Von März bis Mai sorgt Brandrodung für diesige Luft.
Auslandsreisekrankenversicherung
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Reiseführer für Laos
Der meiner Meinung nach beste Reiseführer über Laos ist der „Stefan Loose“* von Jan Düker. Auf fast 530 Seiten umfasst das Buch Tausende Reisetipps, diverse Stadtpläne und Karten, umfangreiche Informationen zur Landeskunde sowie Fotos und Anekdoten aus Laos. Von Routenempfehlungen über genaue Informationen zu Unterkünften und Restaurants bis hin zu Öffnungszeiten von Sehenswürdigkeiten und Abfahrtzeiten von Verkehrsmitteln enthält dieser Reiseführer alles, was unterwegs wichtig ist. Und während der Rest der Welt mit dem ebenfalls empfehlenswerten „Lonely Planet“* unterwegs ist, sind einige Reisetipps nur in diesem deutschsprachigen Buch enthalten.
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Text/Fotos: Heiko Meyer
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2 Kommentare zu „Trekking in Vieng Phouka, Laos: Erdbeben im Akha-Dorf“
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